Just do it, yes you can – alles ist möglich. Werbung und Hollywood zeigen uns die längste Zeit wie es geht. Mit Instagram, TikTok uvm. kann heute auch jede Frau ihres Glückes eigener Schmied werden. Just post it baby – ein Aufstieg aus der Masse ist möglich. Der Körper ist dabei Mittel zum Zweck, werde deine eigene Brand. Kim, Kylie, Kendall und der Rest aus dem Kardashian-Clan haben es vorgemacht. Luden die mittlerweile zu Milliardären aufgestiegene Familie zu Beginn ihrer Karriere noch mit ihrer Reality-TV-Show „Keeping up with the Kardashians“ zum Fremdschämen und reizten dabei weltweit so manchen Lachmuskel, so lacht nun keiner mehr, verrät uns Schauspieler Martin Hemmer als Host des Abends im Kosmos Theater.
Mit Mutter Kris Jenner an der Spitze hat es der weibliche Kardashian-Familien-Clan über die Jahre zu Milliardärinnen gebracht. Eine genauere Kenntnis diverser familiärer Unternehmungen ist für die Zuschauer*innen jedoch nicht von Nöten – man erfährt bis Ende des Stückes ohnehin so einiges. Wer allerdings bereits in der Halbzeit beim Publikumsquiz punkten will, informiere sich schnell im Vorfeld mittels Programmfolder.
„Nur weil man eine Möse hat, ist man noch lange keine Feministin“, liest man darin im Interview mit Stückautorin Mateja Meded (Co-Autor ist Thomas Köck). Eine Aussage, die im Laufe der rund 100-minütigen Aufführung untersucht wird. Zu bequem haben es sich die Kardashians im patriarchalen Wirtschaftssystem eingerichtet, als dass man an dem herrschenden Machtsystem etwas verändern möchte. Mühselig ist es, nach wie vor darauf hinzuweisen, dass es nicht alle darin so bequem haben. Nicht jede Frau kann ihren Mann aufgrund von unter anderem finanzieller Abhängigkeit verlassen. Bei den Kardashians stehen die Männer im Hintergrund. Wie bei dem kriegerischen Stamm der Amazonen, deren Königin Penthesilea war (kleiner Tip: beim Quiz werden Sie es brauchen), werden sie als Babyväter gebraucht – mehr nicht. Selbst ist die Frau oder wie es im Stück heißt „Get your mess together and work“, eine von zahlreichen Aussagen, die als leere Phrasen entlarvt werden. Penetrant wiederholt Mutter Kris Jenner ihre PR-Strategie, bei der Greenwashing und Blackfacing eine wesentliche Rolle spielen. Auf Kritik wird erst gar nicht eingegangen wie anhand der gescheiterten Pepsi-Werbekampagne, die den Kampf um Gleichberechtigung als Wohlfühlparty mit Models inszeniert, vorgeführt wird. „If only Daddy would have known about the power of #Pepsi.” twitterte die Tochter von Martin Luther King als Folge der Kampagne. Pepsi entschuldigte sich – interessanterweise auch bei Hauptdarstellerin Kendall Jenner.
Kendall selbst schweigt bis heute beharrlich zu ihrer Rolle als Friedensstifterin mittels Pepsidose. Auf der Bühne des Kosmos mimt Christoph Radakovits die Rolle der jüngsten Tochter des Clans, während Edwarda Gurrola, die bereits in zahlreichen preisgekrönten mexikanischen Spielfilmen mitwirkte, als Kim überzeugt. In ihrer Rolle als älteste Kardashian-Tochter bekommt sie es im Laufe des Stücks mit einer Gruppe aufgebrachter Suffragetten zu tun. Als A Capella Chor klagen diese an: „wer ist für dich auf die Straße gegangen?“ Doch dem Kardashian-Clan kann es egal sein, solange die Brand nicht leidet.
Aber immerhin die (in der Mehrheit auffällig jungen) Zuschauer*innen erwartet – sieht man von der anfänglichen mit viel Geplänkel das Publikum anheizenden Boxkampfstimmung ab – ein intelligenter unterhaltsamer Abend zum Thema „from white feminism to neoliberal feminism“, wie das Stück im Untertitel heißt.
KEEPING UP WITH THE PENTHESILEAS
from white feminism to neoliberal feminism eine quasimythologische remythifizierung
Weitere Termine: 28., 29. Februar sowie 1. und 2. März, 20:00Uhr
Kosmos Theater
Siebensterngasse 42
1070 Wien
www.kosmostheater.at
Titelbild: © Bettina Frenzel
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